„Etliche der Grabsteine wurden mal geborgen und ‚lagern‘ seither im Tierheim Steyr. Das ist schon etliche Jahre her, sicher zehn, wenn nicht länger … aber ich weiß, dass sie noch im Tierheim liegen. Damals war eine Überlegung, die Steine zu restaurieren und irgendwo wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen – was dann aber nie umgesetzt wurde. Ist echt schade, manche Inschriften wie ‚Lieber Lumpi – gute Nacht‘ konnte man noch lesen.“ (Dora Duftschmied)

„Ich kann … erzählen, dass mir Josef Liftinger, ein ehemaliger Förster und sehr guter Bekannter meiner Oma, davon als Kind berichtet hat. Irgendwann, es muss ca. im Volksschulalter gewesen sein, ist er mit mir und seinem Jagdhund hingegangen. Weil es nicht weit von seinem Haus in der Saaß weg war, kann ich den Friedhof noch heute erkennen. Die meisten Grabsteine der damals fast 50 noch sichtbaren Steine sind leider in der Erde verschwunden bzw. überwuchert. Meine Erinnerungen sind ca. von 1976.“ (Wolfgang Meindl)

„Ich war Ende der 70er-Jahre öfter dort, weil es weiter unterhalb im Wald viele Himbeeren gab und ich in der Nähe auch Kräuter für Tee sammelte. Damals war der Friedhof schon sehr verfallen, es gab nur noch ein paar Grabsteine. Auf einem stand: ‚Flocki, du warst der Trost meines Alters.‘ Heute wäre so eine Stätte sicher nicht mehr erlaubt.“ (Michael Milakovits)

„Ich kann mich noch erinnern, wenn wir vom Verwandtschaftsbesuch von der Saaß Richtung Neuzeug gegangen sind, war der Friedhof immer auf unserer Route. Da waren viele Gräber und auch Grabsteine mit Bildern und frischen Blumen – fast wie ein richtiger Friedhof. Das ist jetzt rund 60 Jahre her.“ (Manfred Kalchmair)

„Mein Vater, da kann ich mich noch mal erinnern, musste auch mal ein Holzkreuz für eine verstorbene Katze machen.“ (Hans Finner)

„Mir wurde es vor über 40 Jahren schon als Kind erzählt, dass neben der Straße ein Hundefriedhof liegt.“ (Tom Nagler)

„Kann mich auch daran erinnern, war sogar mal dort als Kind. Nellis und Flockis Grabstein gab es dort!“ (Angoria Viktoria)

„Wir sind an Sonntagen in die Queng oder manchmal in die Saaß zu einem Krapfenbauern (?) gegangen. Und da kann ich mich noch an diesen damals gepflegten Friedhof erinnern. Meine Mutter ist 2023 verstorben, und kurz vorher haben wir noch über diesen Friedhof gesprochen. Sie hat aber den genauen Ort nicht mehr gewusst.“ (Christine Derntl)

„In der VS Bergschule waren wir öfter mit Direktor Waldenberger wandern, und ich erinnere mich, dass wir mal an einem Tierfriedhof im Wald in der Umgebung von Steyr waren. Das wird wohl dieser gewesen sein. Näheres weiß ich auch nicht darüber, Direktor Waldenberger ist inzwischen auch verstorben.“ (Bernhard Freiberger)

„In den 60er-Jahren nannte man ihn noch Hundefriedhof. Zu Weihnachten wurden (laut meinem Vater) noch teilweise Kerzen angezündet und Geschenke (Würstel) auf die Gräber gelegt.“ (Stefan Rosensteiner)

„Schade, dass es den nicht mehr gibt … Als Kinder wollten wir mal dort Knochen ausgraben, denn wir waren die Spedition Knochengräber. Mit Schaufel bepackt gingen wir dort hin, aber wir haben uns so gefürchtet, dass wir wieder nach Hause gelaufen sind.“ (Andrea Rosi)

„Auf der anderen Straßenseite ist ein kleines Häuschen. Der Besitzer war anscheinend zuständig für den Hundefriedhof.“ (Dora Duftschmied)

„Mein Urgroßvater hatte eine Deutsche Dogge (Billy), die in den Kriegsjahren 1944 oder 1945 gestorben ist“, erzählt Eric Bucsek aus Steyr. Andere erzählen, dass der Bucsek-Hund hier begraben wurde.

Diese Geschichten konnte ich sammeln, als ich auf Facebook fragte, ob sich jemand an den Hundefriedhof in Garsten beim Saaßer Forst erinnern könne und das mit mir teilen wolle.

Warum ich das wissen wollte, kam so: Während der vergangenen Lockdowns waren wir öfter im Saaßer Wald unterwegs, und eine Freundin, Uli Mödlagl, erinnerte sich daran, als Kind von einem Hundefriedhof gehört und diesen mit den Eltern besucht zu haben. Sie wollte ihn suchen und uns zeigen. Tatsächlich fanden wir am südlichen Waldrand in der Nähe der Saaßerstraße (am Weg Richtung Aschach, rechter Hand) Reste eines ehemaligen Gebäudes, eine Art Wasserbecken und versunkene Steine.

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Auf einem ist noch zu lesen: „Nelli 1947 – 1968“.

Jetzt, selbst neugierig geworden, machte ich mich auf Spurensuche.

Ein Anruf im Tierheim Steyr: Die Leiterin, Frau Stadler, lud mich ein, die Grabsteine aus dem Saaßer Forst, die sich tatsächlich bei ihr im Garten befinden, zu inspizieren. Neun Stück wurden hier wieder errichtet. Die Inschriften zeugen von der Blütezeit des Friedhofs und der Verbundenheit mit den Hunden:

„Lori, du warst der Trost meines Alters“, „Lieber Flocki! Gute Nacht 1948 – 1958“, „Lumpi 1943 – 1957“, „Berman 1946 – 1957“, „Mirko 1945 – 1959“ oder „Bill“ – das wird der Vierbeiner der Familie Bucsek gewesen sein.

Im Archiv des Heims finden sich vier Farbfotos aus 2006, die den Friedhof noch mit all diesen Grabstätten zeigen. Die Bilder stammen von Dr. E. Fellinger, ehem. Steyrer Amtstierarzt, der veranlasste, dass die Steine im Zuge einer Rodung des Waldes nicht verschwanden und von Mitarbeiterinnen des Tierheims geborgen werden konnten.

Frau Stadler  betonte im Gespräch, wie wichtig es sei, dass Tiere würdig beerdigt und nicht einfach in der Tierkörperverwertung entsorgt würden. Ich fürchte, sie wird enttäuscht sein, wenn sie diesen Bericht lesen wird, denn die Frage „Warum dort am Saaßer Wald im Garstner Ortsteil Pergern der Hundefriedhof war?“ fördert eine interessante Geschichte zutage.

Ich besuchte als Nächstes das „kleine Haus an der Saaßstraße“, in dem angeblich jemand wohnte, der zuständig gewesen sein soll für den Friedhof. Die jetzige Besitzerin berichtete, dass Johann Hofstätter, der Urgroßvater ihres Mannes, vor dem Ersten Weltkrieg „Abdecker“ war. Sie beschrieb ihn als jemanden, der sich mit Tieren auskannte und von Bauern zur laienhaften Viehbehandlung gerufen wurde. Angeblich wurde ein Familienhund bereits 1912 samt Grabstein gegenüber am Waldrand begraben.

Was es mit all dem auf sich hat, kann Doris Hörmann, Chefin des Steyrer Stadtarchivs, erhellen:

„Das Aktenverzeichnis enthält aber leider keinen Hinweis auf den Hundefriedhof. Auch die Suche in den Gemeinderatsprotokollen ergab keine eindeutigen Treffer – allerdings einen Hinweis: laut  Ratsprotokoll vom 29.9.1905 erhielt Johann Hofstätter, Wasenmeister in Pergern, die Konzession zum Abdeckergewerbe für die Stadt Steyr. Er wohnte lt. Garstner Häuserchronik von Helmut Begsteiger am Hischlehnergütl (damals Nr. 16 in Pergern, ich vermute es handelt sich um das „kleine Haus an der Saaßstraße“).  Wie ich am Franziszeischen Kataster von 1826 sehe, war das Hirschlehnergütl nicht weit vom Hundefriedhof entfernt. Vielleicht gibt es hier ja einen Zusammenhang?“

Ja vielleicht, aber klären wir einmal, was „Wasenmeister“ und „Abdecker“ sind. Das historische Abdeckergewerbe war ein jahrhundertealter Beruf, der für die Beseitigung und Verwertung von Tierkadavern zuständig war. Abdecker, auch als Wasenmeister bekannt, hatten folgende Hauptaufgaben: Beseitigung von Tierkadavern: Sie entfernten tote Tiere aus Städten und ländlichen Gebieten; Tierkörperverwertung: Sie zerlegten die Kadaver und verarbeiteten sie zu verschiedenen Produkten; Seuchenprävention: Durch die fachgerechte Entsorgung von Kadavern trugen sie zur Eindämmung von Krankheiten bei; wegen ihrer anatomischen Kenntnisse wurden sie von Bauern auch zu kranken Tieren gerufen … und da passt dann die Recherche der Stadtarchivrin zur Erzählung über den Urgroßvater Johann Hofstätter.

Ich bin offensichtlich nicht der einzige, der sich für den Hundefriedhof intressiert(e), den im Nachlass von Ernst Schimanko, der im Steyrer Stadtarchiv liegt,  findet sich das Bild eines kleinen Grabsteines mit der Beschriftung „Hundefriedhof Saaß 3.204“

Mittlerweile schrieb mir das Marktgemeindeamt Garsten, dass das Grundstück, auf dem sich einst ein Hundefriedhof befand, heute im gemeinsamen Eigentum der Marktgemeinde und der Stadt Steyr steht. Eine Anfrage beim OÖ Landesarchiv förderte zutage, dass diese Miteigentümerschaft seit Oktober 1911 im Grundbuch eingetragen ist.

Das Warum und Wieso lässt sich in den Steyrer Ratsprotokollen aus der Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die von Kurt Rossacher digitalisiert wurden und online einsehbar sind, nachlesen. Der Rat beschloss im Dezember 1910, die Vergrößerung des Aasverscharrungsplatzes in Pergern mitzufinanzieren und dafür Miteigentum an diesem Waldrandstück zu erwerben. Neun Jahre später wurde beschlossen, einen Beitrag zu einem Gebäude für die Wasenmeisterei in Pergern zu leisten. Das erklärt die heute noch sichtbaren Grundfesten und Gebäudereste am späteren Hundefriedhof. Zudem wurde beschlossen, gebrauchte Maschinen einer Tierkörperverwertungsanlage anzukaufen.

Also: Der Hundefriedhof in Garsten an der Saaßerstraße war ursprünglich eine Aasverscharrungsstelle und dann eine frühe Anlage zur Tierkörperverwertung, die wohl 1945 mit der Gründung der zentralen Tierkörperverwertung in Regau obsolet wurde. Ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 1960er-Jahre wurden hier Hunde begraben und mit sehr persönlichen Grabsteinen geehrt.

Dazu noch eine Geschichte, die mir während der Recherchen zugetragen wurde: „Zu Weihnachten brachten die Besitzer der toten Vierbeiner oftmals Würstl auf die Gräber, um die toten Lieblinge im Hundejenseits zu verwöhnen. Für die (lebenden) Hunde aus der Nachbarschaft war das ein weihnachtliches Festessen.“

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