Fast jeden Morgen, wenn ich nicht zu faul fürs Treppensteigen bin, komme ich im ersten Stock des Standortes Muldenstraße der BBRZ Gruppe an einem Wandrelief aus schwarzen Steinen vorbei. Lange fragte ich mich nicht, was das ist, warum es da hängt und überhaupt.

Beim Recherchieren bin ich immer neugieriger geworden. Heute finde ich, dieses Keramikrelief passt zu uns als BFI, FAB und BBRZ.

Aber von vorne:

Die Voest gab für ihre damalige Generaldirekton in der Muldenstraße – die  Geschichte des Hause ist dokumentiert – ein Kunstwerk in Auftrag. Das wurde 1966/67 von Prof. Matthäus Fellinger als Relief „Industriestadt Linz“ realisiert.

Als 1990 das BBRZ hier eine Rehabilitationseinrichtung baute, wurde das Werk beschädigt. Im Sommer 1992 restaurierte es Matthäus Fellinger – ein Vierteljahrhundert nach Erschaffung. Seither ist es wieder an seinem ursprünglichen Platz zu sehen.

Das Bild zeigt – teilweise stilisiert, teilweise für ein Relief überraschend realistisch – die Voest mit Hafen und Frachtzug, die Donau samt alter Eisenbahnbrücke. Etwas im Hintergrund findet sich die Innenstadt, Urfahr, der Pöstlingberg und eine Andeutung des Umlandes. Oder in anderen Worten: Arbeiten und Leben in Linz an der Donau.


Matthäus Fellinger (* 11. Juni 1924 in Neukirchen an der Vöckla; † 12. Mai 2002 in Linz) war ein österreichischer Maler, Keramiker und Zeichner. Mehr über ihn kann in einem Fachartikel nachgelesen werden.

Er war seit dem 16. Lebensjahr in Folge einer Gehirnhautentzündung taub, absolvierte die Keramiker-Lehre in Gmunden und ab 1941  eine Ausbildung zum Keramikmaler.

Mentoren brachten ihn an die Wiener Hochschule für angewandte Kunst (1946 bis 1952). Anschließend studierte er bis 1954 an der Kunstschule der Stadt Linz.

Sein Keramik-Atelier befand sich in den 1950er-Jahren im Gerstlhaus in Schenkenfelden. Die Räumlichkeiten sind heute Andachtsraum einer Einrichtung für Menschen mit Hör- und Sehbehinderung. (Quelle)

Schenkenfelden (Markt 18-1).jpg

Später lebte und arbeitete Fellinger in Linz und schuf malerische und keramische Werke, zunächst als Freihandtöpferei, später in Keramik, Sgraffito, aber auch in Stein und Holz, weiters Gefäßkeramik und Aquarellmalerei.

Er erhielt zahlreiche Aufträge für Kunst am Bau. So wie dieses Brunnenbecken in Linz St. Magdalena (Quelle).

Linz-StMagdalena - Brunnenbecken - von Matthäus Fellinger.jpg

Am Hause Gürtelstraße 8, Nähe Linzer Bulgariplatz, ist ein weiterer Fellinger zu sehen –  zweigeteiltes Mosaik aus bemalten Kacheln.

In Erinnerung an ihn wurde eine Verbindungsstiege bei der Urfahraner Riesenhofstraße als Fellinger-Stiege benannt.


Warum passt dieses Wandrelief zu uns als BBRZ-Gruppe?

Zwei Anmerkungen:

Es zeigt das ganze Linz – den Industriestandort, die Innenstadt, die Wohnplätze aber auch das Umland. So verstehe ich auch unsere Arbeit. Wiewohl wir auf BERUFLICHE Bildung – Rehabilitation – Integration fokussiert sind, verlieren wir nicht aus den Augen, dass Arbeit nicht alles ist, sondern nur eine Facette der Menschen mit denen und für die wir arbeiten.  Wir sind für den „Standort“ Österreich tätig, aber bei Weitem nicht nur: Sondern für das gute Leben in diesem Land, da gehören Wirtschaft und Arbeit dazu, aber vor allem persönliche Entwicklung, Kultur, Beziehungen und Genuss (der nicht im Widerspruch zu Arbeit stehen muss).

Matthäus Fellinger als Künstler lernte mit seiner Hörbehinderung einen kunsthandwerklichen Beruf und entwickelte sich im zweiten Bildungsweg zum akademischen Maler und Keramiker. Das ist ein Weg wie aus unserem Leitbild – Menschen eine zweite Chance zu ermöglichen und  bei der Entfaltung ihrer Potentiale zu unterstützen, egal welche – auch schwierigen – Voraussetzungen sie mitbringen.

Kommentare für “Denkwürdiges #9 Stein um Stein oder Matthäus Fellinger in der Muldenstraße

  • Ich finde vor allem den Werdegang von Matthäus Fellinger stellvertretend für das Leitbild der BBRZ Gruppe sehr passend.
    Interessante Persönlichkeit die zeigt, dass mit Willen und passender Unterstützung vieles möglich ist.

  • Christoph Jungwirth :

    Gerhard Miesenböck hat mir gerade folgende „Anekdote“ dazu erzählt: „Unser alter, leider schon verstorbene Kollege Alois Böhm aus der damaligen Hausverwaltung hat immer wieder davon erzählt.
    Er hat damals, gemeinsam mit Herrn Fellinger das gesamte Relief vor dem Umbau sehr aufwendig abmontiert, und eingelagert. Nach der Fertigstellung des Umbaus wurde dies dann in sehr mühseliger Kleinstarbeit wieder gemeinsam montiert. Alois Böhm war unter anderem gelernter Fliesenleger.
    Nach seinen Erzählungen war dies eine wochenlange Arbeit.“

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