Besucht man bei einer Führung durch Schloss Lamberg die Fürstenräume und dort das Tapetenzimmer, findet sich auf einer Darstellung ein mehrgeschossiger Bau in freier Landschaft, offensichtlich ein Jagd- oder Forsthaus, das mir vom Spazieren rund um Steyr bekannt vorkommt.
Dieses Tapetenzimmer schuf der Hofmaler der Grafen Schwarzenberg unter der Steyr Herrschaft Karl Eugen Fürst Lamberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts; es zeigt mehrere Familienbesitzungen.
Um dieses Tapetenzimmer und seine Bilder zu bewundern, muss man nicht einmal das Schloss persönlich besuchen – ein virtueller Rundgang macht’s möglich.
Das fragliche Bild zeigt das Forsthaus in der Saaß an der Straße von Steyr nach Aschach schräg gegenüber vom Gasthaus Kaiser in der Saaß – und so schaut es dort heute aus:
1620 wurde das Haus erstmals im Dienstregister der Herrschaft Steyr als Sitz der Klingenschmied-Familie Thanschachner (so auch lange Zeit der Hausname) erwähnt und von einer späteren Generation (1682) zum Jagdhaus um- oder neugebaut. 1693 ging das Haus an Anna Maria Fürstin von Lamberg, die es 1715 an den „Edlen Mathiasen Khern“ verkaufte, der ein Jahr darauf verstarb.
1726 schließlich wurde das Haus durch die „Hochfürstl. durchl. gnedigen Herschaft“ (sic) Schloss Steyr von der verwitweten „Forstmaisterin Eva-Sybilla Khernin“ (sic) um 220 Gulden erworben und so zum Lamberg’schen Jagd- oder Forsthaus in der Saaß (Quelle: Begsteiger. Garstner Hauschronik, Steyr 1986).
Damals war Franz Anton Lamberg Herr auf dem Steyrer Schloss – er war es, der dieses (nach dem Stadtbrand 1727) in den Jahren 1728 bis 1731 zum Barockschloss um- und ausbaute. Da passte ein Jagdhaus im Umfeld der Stadt gut dazu.
Offensichtlich wollte der Lamberg’sche Herr seine Besitzungen dem Kaiser zeigen. Am 25. September 1732 kam Kaiser Karl VI., Vater der legendären Maria Theresia, nach Steyr, nahm in der Stadt Dank für die Hilfe nach dem Stadtbrand entgegen und fuhr mit seinem Hof zum Jagdschloss in der Saaß, erlegte 80 Hirsche, speiste und zog weiter zur Nächtigung im Kloster Garsten. An diesen hochherrschaftlichen Jagdbesuch erinnert beim naheliegenden Gasthaus „Kaiser in der Saaß“ heute noch eine Gedenktafel.
Die Karte der Franziseischen Landesaufnahme vom Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt die Situation rund um das Forsthaus (blaue Markierung) 100 Jahre nach der Übernahme durch das Schloss Lamberg. Der „Keiser“ ist das oben erwähnte Gasthaus, der „Hofmann“ war dort, wo heute die Siedlung Hoffmannstraße ist. Diese Hausbezeichnung weist auch wieder auf die Lamberg’sche Herrschaft und steht für „Verwalter eines Landgutes oder Bediensteter an einem Fürstenhof“.
Eine Ansichtskarte aus 1913 zeigt schließlich eine historische Ansicht des Forsthauses.
Das Forsthaus in der Saaß führt aber auch zu Unklarheiten in zeitgenössischen Publikationen. Wer „Forsthaus Saaß“ googelt, der stößt auf eine Karte, in der ein Haus der Österreichischen Bundesforste in der Nähe der Abzweigung Saaßstraße/Pergernstraße als ebendieses verwirrenderweise ausgewiesen wird. Dieser Irrtum wird auch in regionalen Büchern wiedergegeben.